Der Sommer Von Damals

Wenn sich in Klosters jemand bei den Walsern und deren Vergangenheit auskennt, dann ist es Barbara Gujan. Wie im 17. Jahrhundert wohl so ein Sommertag in Graubünden ausgesehen hat? 

Klosters, 6 Uhr morgens, ein Julitag.

Die Sonne geht auf. Hans Brosi steht auf, seine Frau ebenso. Der 30-jährige Walser wäscht sein Gesicht, schlüpft in Hose und Hemd vom Tag zuvor, schnappt sich den Lederrucksack und die Sichel und wirft die Tür des Holzhauses zu, sodass vier der sechs Kinder aufwachen. Erst mal Rasenmähen, denkt sich Hans, während seine Frau das Kleinste aufs Holztöpfli in der Stube setzt und ein Frühstück für zehn vorbereitet. Auch die Großeltern leben im selben Haus. Einsam ist er nicht, der Walser.


Barbara Gujan gehört zum Team des Heimatmuseums, das in einem uralten Holzhaus (Hüschi) aus dem 16. Jahrhundert untergebracht ist. Sie ist eine zierliche, unheimlich freundliche Frau, die in altem Walserdeutsch spricht und ganz genau weiß, wie damals Hosen genäht, Butter und Käse hergestellt und Mäuse gefangen wurden. Sie weiß, dass der Walser hager und drahtig war, leicht gebückt ging und nicht älter als 50 wurde. Sie weiß auch, dass die Kleinen so lange aufs Töpfli gesetzt wurden bis alles erledigt war, denn ein Übermaß an Zeit und Stoffwindeln hatte die Walserin wahrlich nicht, musste sie sich ja um all die anderen Kinder kümmern, die sie wahrscheinlich hatte. Und nebenbei waren ja auch noch Haus- und Feldarbeit zu erledigen. Das Leben der Walser war ein hartes Leben voller Verpflichtungen, die alle einem dienten: dem Überleben.